Die Bibel

Bibel-Crashkurs in Mangaform

Weihnachten steht vor der Tür: Was liegt also aus ökonomischer Hinsicht näher, als die Bibel als Comic zu veröffentlichen und somit verzweifelten Göttis oder Grosseltern Handreiche zu geben, den jugendlichen Zöglingen etwas «Sinnvolles» zu schenken, das diese von der Form her trotzdem ansprechen könnte? Ehapa hat den Schritt gewagt und möchte das «Buch der Bücher» nun als Manga aus der Feder Sikus unters Volk bringen (Ehapa, ca. 25 Franken). Ob dem Vorhaben Erfolg beschieden sein wird, ist ungewiss, haftet dem Werk doch so oder so ein kaum zu tilgender pädagogischer Ruch an.

 

Dabei ist es gar nicht einmal so schlecht: Das Vorhaben, das Mammutwerk auf vergleichsweise wenig Seiten zusammenzustutzen, kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Etwas enttäuschend ist dafür die grafische Umsetzung: Dem Artwork mit seinen oftmals recht kleinen Panels, gefüllt mit krakeligen S/W-Zeichnungen und computergenerierten Hintergrund-Grauton-Farbverläufen, in denen eigentümlich stilisierte Figuren agieren, fehlt schlichtweg das Epische, wie man es von den Bibel-Adaptionen auf Leinwand kennt. Übrigens: Die Praxis, mit bebilderten Bibeln eine grössere Klientel zu erreichen, kann auf eine lange Tradition zurückblicken, wie etwa an den so genannten «Armenbibeln» eindrucksvoll aufgezeigt werden kann. (scd)

 

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DC Helden

Strumpfhosen auf Öl

Optisch weitaus ansprechender ist «DC Helden» (Panini, ca. 41 Franken). Künstler Alex Ross nimmt mit seinem gemäldeartigen Stil nach wie vor eine Ausnahmeposition im Comic-Genre ein. Seine nach Modellen gemalte Inszenierung von Superhelden wie etwa Batman oder Superman ist schlichtweg exorbitant – jedes Panel giert geradezu danach, in einer Kunstgalerie aufgehängt zu werden. Leider ist die Hälfte der in dieser Sammlung enthaltenen Geschichten bereits schon einmal auf Deutsch publiziert worden, «JLA» sogar im Überformat. Trotzdem lohnt sich die Compilation, gerade zumal die beiden früher bei Carlsen erschienen Hefte inzwischen nicht mehr regulär erhältlich sind.

 

Beim Werk von Paul Dini und Alex Ross triumphiert die Form insgesamt klar über den Inhalt, was aber nur bedingt stört – es handelt sich um klassische, «ungebrochene» Helden-Storys, die mit viel Pathos vorgetragen werden. Wer mehr Tiefgang sucht, nehme das ebenfalls von Ross illustrierte «Marvels» zur Hand, in dem es um einen Journalisten geht, der erfährt, wie nahe Wahrheit und Mythos im Superhelden-Kosmos beieinander liegen. In diesem Band kommen dann auch sinnigerweise im Gegensatz zum viel statischer wirkenden «DC Helden»-Layout mit Sprechblasen zum Einsatz. (scd)

Preacher 2: Blut ist dicker

Hochglanz-Vampir-Roadcomic-Lamento

Soeben ist der zweite Band der Re-Edition von Garth Ennis und Steve Dillons brutalem und hochzynischem Kult-Epos «Preacher» («Blut ist dicker», Panini, ca. 50 Franken) erschienen. Grund zur Freude eigentlich, da die Bände inzwischen nun doch einige Jahre vergriffen waren und der Herausgeber-Verlag zudem schliesslich Insolvenz anmelden musste. Trotzdem lässt sich ein schaler Beigeschmack leider nicht leugnen: Zuerst einmal ist da die deutliche Preiserhöhung zum ersten Band zu nennen, was bei nun veranschlagten neun Bänden der Gesamtstory – zuerst war von sechs Bänden die Rede – doch recht ins Geld geht. (Bleibt zu hoffen, dass darin wenigstens auch die Specials enthalten sein werden.)

 

Doch was viel schwerer wiegt: «Preacher» ist Groschenheft, Schund, «pulp fiction» pur. Und was macht Panini daraus: Eine gebundene Luxusversion auf Hochglanzpapier mit Vorwort und Wischiwaschi-Kommentaren zu den Covergestaltungen. Man mag es kleinlich nennen: Aber das ist definitiv nicht mehr der «Preacher», wie man ihn einmal kannte, als er ab Mitte der 90er bei Speed in 34 respektive 14 Bänden zum ersten Mal auf den deutschen Markt kam. Viel besser wäre es, man hätte sich bei der Gestaltung etwa an die «Hellblazer Monster Edition» gehalten: Dicke Bände, schlechtes Papier, billige Bindung, Pappeinband, günstiger Preis. Lamentieren hin oder her: Bleibt schwer zu hoffen, dass der Name Panini wenigstens dafür garantiert, dass die Ausgabe auch wirklich vollständig erscheinen wird – und dies auch in einem angemessenen Zeitrahmen mit nicht zu langen Abständen zwischen den Einzelbänden. (scd)

Splitter

Weiterhin in den Comic-Regalen

Über das Werk des französischen Künstlers Jacques Tardi muss nicht mehr viel gesagt werden – bekannt ist er etwa durch die Reihe «Adeles ungewöhnliche Abenteuer», seine Malet-Adaption «120, Rue de la gare» sowie das herausragende Antikriegs-Werk «Grabenkrieg» geworden. Mit «Das Geheimnis des Würgers» (Edition Moderne, ca. 35 Franken) legt Tardi erneut eine Comicfassung eines Kriminalromans vor. Grafisch reizvoll reduziert, vom Inhaltsfluss her gewohnt ruhig. Herausragend: Die Idee und Realisation der vier alternativen Enden.

Ganz unterhaltsam ist «Bardin, der Superrealist» (Reprodukt, ca. 30 Franken) des spanischen Zeichners Max. Im Stil von Chris Ware erlebt der liebenswerte Protagonist allerlei mögliche und unmögliche Abenteuer in realen und erdachten Welten.

 

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Zu guter Letzt noch der Hinweis auf den sehr empfehlenswerten zweiten und abschliessenden Band «Die heilige Krankheit» von David B. (Edition Moderne, ca. 40 Franken), in dem der Autor das Leben mit der Epilepsie seines Bruders in Wort und Bild verarbeitet hat. Eine neue Referenz in Sachen autobiografischer Comic.

Brandneu ist Brian K. Vaughans und Niko Henrichons «Die Löwen von Bagdad» (Panini, ca, 28 Franken). Grafisch auf den ersten Blick leider an Disneys «Lion King»-Mär gemahnend, scheint das Werk, in dem im Sinne einer politischen Parabel der Frage nachgegangen wird, was man mit neu erworbener Freiheit anfängt, inhaltlich durchaus Potenzial zu haben. Reinschauen lohnt sich. (scd)

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