Comic-Verfilmungen

Als Superman fliegen lernte

Realverfilmungen von Comics erfreuen sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit und strömen weiterhin im Multipack auch in unsere Kinos. Ein Versuch eines Überblick über das boomende Genre, das nicht nur Erfreuliches hervorbringt.

«Transformers», «Preacher», «The Spirit», «Black Hole», «The Red Star», «Conan»: Die Liste der in Bälde in die Kinos oder ins Fernsehen kommenden oder zumindest geplanten Comicverfilmungen liesse sich noch um einiges erweitern. Dazu gesellt sich noch eine ganze Reihe an Fortsetzungen erfolgreicher Erstlinge wie etwa «Hulk 2», «Hellboy 2», «Superman Returns 2», «Punisher 2» oder «Aliens Vs. Predator 2» – und natürlich Sam Raimis lang erwarteter Abschluss der «Spider Man»-Trilogie (Bild). Nicht zu vergessen die so genannten Spin-Offs, in denen Nebenfiguren – wie etwa der aus der «X-Men»-Trilogie bekannte «Wolverine» – eine eigene Filmadaption zugesprochen bekommen.

Trashiger Batman
Für Quantität ist also gesorgt, doch wie steht es um die Qualität? Auf Grund der strukturellen Ähnlichkeit der Medien Comic und Film, ihrem Einsatz von verschiedenen Schnitten und Einstellungen, bietet sich natürlich ein Export schon an. Es ist jedoch trotzdem noch nicht allzu lange her, als das Gros der so genannten «Realverfilmungen» noch unfreiwillig komisch daherkam: Wer konnte schon Filme wie etwa «Popeye», die «Asterix»-Reihe, «Tim und Struppi» oder den «Lucky Luke»-Streifen wirklich ernst nehmen, in denen reale Schauspieler mehr schlecht als recht in die Haut der zweidimensionalen Cartoonfiguren zu schlüpfen versuchten?

Einen gewissen Trash-Kultstatus indes geniesst die «Batman»-TV-Serie aus den 1960ern mit ihrer bonbonbfarbenen Ausstattung und den etwa bei Schlägereien dazwischengeschalteten Lautwörtern. Ein Problem war natürlich immer auch die Frage bezüglich der filmischen Realisierbarkeit gewisser Szenen gerade von Superheldencomics, was heute durch den vermehrten Einsatz von Computereffekten kein wirkliches Problem mehr ist. So scheint im letztjährigen «Superman»-Blockbuster der Saubermann mit den stählernen Muskeln tatsächlich glaubhaft durch die Lüfte zu sausen, während die Flugszenen der ersten Produktion von 1979 doch noch etwas holprig anmuteten.

Mehr als Effekte gefragt
Wie das «Superman Returns»-Beispiel zeigt (Bild), stellt das Zünden eines mit No-Name-Darstellern bestückten Feuerwerks an computergenerierter Action aber noch lange keinen Garant für eine sowohl Publikum als auch Kritiker überzeugende Verfilmung dar. Dass dazu auch noch entsprechendes Charakterspiel, intelligente Dialoge und eine entweder vorlagengetreue oder aber wirklich eigenständige Umsetzung gehören, hat die Industrie inzwischen gemerkt. Ebenfalls fällt auf, dass je länger je mehr neben Superheldenserien auch andere Serien umgesetzt werden – und zwar auf hohem Niveau: Dies können etwa «A History of Violence» oder «Ghost World» nur bezeugen, bei den Verfilmungen von Alan Moores Werk (siehe unten) bleibt der Eindruck aber eher ambivalent.

Serielle Erzählungen
Diese inhaltliche Verschiebung zeigt sich auch beim Blick auf die gerade aktuellen Comicverfilmungen: Zum einen sind da «Ghost Rider» und «Spider-Man 3» aus der Superhelden-Sektion am Start. Beide Adaptionen haben ihre Wurzeln nicht nur in einer einzigen Grafiknovelle, sondern beziehen sich auf die zentralsten Passagen aus den jeweiligen, seit Jahrzehnten bestehenden Comicserien, an denen diverse Autoren und Zeichner mitgewerkelt haben. Natürlich bekommt der Neueinsteiger auf Grund der Verfilmungen die Gelegenheit, sein Nachholbedürfnis mittels der Re-Releases von wichtigen Storys der Vorlagencomics zu stillen – oder in Videogames selber etwa als «Ghost Rider» hoch zu Bike fightend durch die Strassen zu brettern. Die kommerzielle Ausschlachtung ist gross und die Grenzen zwischen den verschiedenen Medien werden zunehmend durchlässiger: Roman zu Comic zu Film zu Videogame zu Merchandising-Artikeln – und wieder zurück.

Unsterbliche Liebe
Dies wird auch bei der ersten aktuellen Nicht-Superheldencomic-Verfilmung «The Fountain» (Bild) deutlich. Diese ist von Darren Aronofsky («Pi») zunächst zusammen mit Kent Williams als Comic herausgebracht (Panini, zirka 35 Franken) und nun auch noch als Realfilm realisiert worden. In hochpoetischen Bildern wird darin in drei verschiedenen Zeitebenen der tausendjährige Kampf eines Mannes um die Frau seines Lebens erzählt. Dabei kommt der Form – auch im Film – eine weit wichtigere Rolle als der inhaltlichen Stringenz zu.

Äusserst kompatibel zum Film hat sich in letzter Zeit auch das Comicwerk von US-Autor Frank Miller erwiesen, was in der fulminanten Umsetzung seines epischen Comic-noir-Zyklus «Sin City» (Bild)  kulminierte, bei dem Miller auch als Co-Regisseur auftrat. Auch dies ist eine neue – und begrüssenswerte – Entwicklung, haben Comicautoren bei den jeweiligen Comicadaptionen doch oft recht wenig zu sagen. Der Film setzte bezüglich Vorlagentreue neue Massstäbe und wurde dem Vorurteil nur zu gerecht, dass es in Comics ausschliesslich um Sex und Gewalt geht. Bevor aber die Fortsetzung «Sin City 2» in die Kinos kommt, stürmt mit dem epochalen «300» (Cross Cult, zirka 52 Franken) ein weiterer Miller-Klassiker die Leinwände. Von der erzähltechnischen Brillanz vollständig absorbiert, die auch in der Verfilmung klar auf Kosten des Inhalts geht, wird hier der Leser Zeuge der historisch bezeugten Schlacht bei den Thermopylen im alten Griechenland, wo gerade einmal 300 Spartaner tausenden persischen Kriegern gegenüberstanden.

Iranische Kindheit
Wo Comics sind, ist natürlich auch der Wechsel zum Trickfilm ein kleiner Schritt - und umgekehrt: Gespannt darf man sicher auf die Adaption von Marjane Satrapis Comicerfolg «Persepolis» (Edition Moderne, zirka 39 Franken) sein. Im eigenhändig (!) gezeichneten Trickfilm erinnert sich Satrapi an ihre eigene schwierige Kindheit im Iran. Einen anderen medialen und inhaltlichen Weg geht der bereits auf DVD erschienene, animierte SciFi-Thriller «Renaissance», der jetzt auch als Comic erhältlich ist (Cross Cult, zirka 22 Franken). Beklemmender Schauplatz dieser mit ihrem harten Schwarz-weiss-Kontrast auch von der Form her düsteren «Pulp Future» ist die zerfallene Weltmetropole Paris im Jahr 2054. Humorvoller, auch wenn einem das Lachen bisweilen (beinahe) im Hals stecken bleibt, geht es in der abgedrehten Sitcom «Die Simpsons» zu, ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Allianz zwischen Trickfilm und Comic. Es bleibt indes abzuwarten, ob die Kinofassung dem Wortwitz und dem subversiven Unterton der Kult-TV-Serie gerecht wird.

 

Dave Schläpfer, im März 2007

Superheldencomics-Verfilmungen

 

Die besten 3:

1) «Batman» (1989, Bild): Kongenialer Auftakt der «Batman»-Reihe Tim Burtons, der neben dem exorbitanten Setdesign auch durch schauspielerische Qualität überzeugt.

2) «Spider-Man 2» (2004): Vorlagentreu, schneller, grösser und noch ein Quäntchen besser als der erste Teil – die Messlatte für Superheldencomicadaptionen des neuen Jahrtausends.

3) «Superman 2» (1980): Die Grundstory ist bereits erzählt – jetzt kann es richtig losgehen! Christopher Reeve in der Rolle, in der man ihn in Erinnerung behalten wird.

Die schlechtesten 3:

1) «The Punisher» (2006, Bild): Bestraft wird in diesem elend langen, hirnlos-brutalen und spannungsminimiert verfilmten Streifen höchstens der Zuschauer.

2) «Catwoman» (2004): Sexy Halle Berry in der Titelrolle hin oder her, die mit einer Überdosis an Effekten vollgeproppte Umsetzung ist mehr als mau.

3) «Batman & Robin» (1997): Der vierte Film der «Batman»-Reihe belegt eindrücklich die Behauptung, das Sequele von Mal zu Mal schlechter werden – daran ändert auch George Clooney als Flattermann wenig. (scd)

Alan Moore: Enfant terrible und Erfolgsgarant
In den letzten Jahren sind gleich drei Verfilmungen von Graphic Novels des britischen Comicautors Alan Moore erschienen; zudem ist die Umsetzung des für das Superhelden-Genre enorm wichtigen Werks «Watchmen» geplant. Die Qualität der Adaptionen ist sehr unterschiedlich ausgefallen: «From Hell» (2001) mit Johnny Depp in der Hauptrolle kommt im Vergleich zum 600-seitigen Comic sehr komplexitätsreduziert und mit einem anderen Ende daher. Auch die mit Sean Connery ebenfalls prominent besetzte Verfilmung von «The League of Extraordinary Gentlemen» (2003), das die Rettung der Welt durch ein All-Star-Team zum Thema hat, weicht stark von der Vorlage ab, bietet mit ihren Effekten dafür Popcorn-Kino satt. Befremdet von diesen beiden Umsetzungen, wollte Moore mit dem im letzten Jahr verfilmten «V wie Vendetta» so wenig wie möglich zu tun haben und verzichtete sogar auf sein Honorar. Letztlich erwies sich jedoch gerade diese relativ vorlagengetreu von den Wachowski-Brüdern («Matrix») umgesetzte Negativutopie als bislang beste Adaption eines Comics Moores. (scd)

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Kimbo Dice (Sonntag, 18 April 2010 17:09)

    es gibt ja glücklicherweise noch lichtblicke wie "kickass"(unbedingt mal die facebookseite zum film checken)in sachen comicverfilmungen. die sind zwar dann nicht unbedingt was fürs kinderpublikum,aber das sind comics ja eh nicht immer ;)