Pom Poko

Ökodrama mit der Gummibärenbande

Zunächst eher gewöhnungsbedürftig, offenbart dieser Anime erst nach über zwei Stunden seine wahre Grösse.

Die so genannten Animes haben längst ihren Weg auf die okzidentalen Leinwände gefunden. Mit dem bereits 1994 in den renommierten Ghibli-Studios produzierten «Pom Poko» kommt nun ein japanischer Trickfilm der etwas anderen Sorte in die Kinos. Auf den ersten Blick handelt es sich um ein schräges Ökodrama, in dem Marderhunde («Tanukis») die Hauptrolle spielen. Diese können mit ihren auf das Zigfache aufgeblähten Hoden fliegen und gemahnen vom Aussehen her an Disneys Gummibärenbande.

 

So weit, so gut. Zur Story: Bis in die Mitte des 20. Jahrhundert haben die Tanukis ihren Lebensraum problemlos mit den dort ansässigen Bauern geteilt. Als durch verstärkte Bautätigkeit die Wälder um Tokio immer mehr dezimiert werden, bleibt den Tanukis nur noch eine Möglichkeit, ihr Überleben zu sichern: Sie reaktivieren das uralte Wissen von der Verwandlungfähigkeit der Tanukis und beginnen mit diesen Mitteln den schier aussichtslosen Kampf gegen die Raubbau an der Natur betreibenden Menschen.

Letztlich ist mehr als lohnend, die eigenen Sehgewohnheiten und Vorurteile zu überwinden und einen genaueren Blick auf «Pom Poko» zu riskieren. Zum Vorschein kommt ein hochpoetischer Anime, der auf der Grundlage japanischer Mythologie Fragen der Ökologie und des Miteinanders auf einem komplexen Niveau behandelt.

 

Eine weitere Perspektive, wie man den Film auch sehen könnte, eröffnet der Kommentar des Regisseurs Isao Takahata, der eine Analogie zum hochexplosiven Thema Ureinwohner/Invasoren zieht: «Die in Reservate gedrängten Minderheiten sind ständig mit der dominierenden Rasse konfrontiert, was zu Terrorismus oder zur Flucht in die Religion führen kann. Die Tanukis repräsentieren diese unterdrückten Minderheiten, und der Film beschreibt die verschiedenen Wege, die ihnen offen stehen.»

 

Dave Schläpfer, im September 2006

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