Mad-Jubiläum

Das subversive Heftchen in Hochglanz

Die deutsche Neuauflage des Kultmagazins «Mad» feiert trotz sinkender Verkaufszahlen ihr 100. Heft. Zeit für eine Bestandesaufnahme.

Sein grinsendes Galgenvogelgesicht mit Zahnlücke, Sommersprossen und Segelohren hat ihn legendär gemacht: Alfred E. Neumann, das Maskottchen der amerikanischen Satirezeitschrift «Mad» («Verrückt»), deren Titelblatt die Kunstfigur 1955 zum ersten Mal zierte.

 

Die erste Ausgabe des amerikanischen «Mad» kam 1952 auf den Markt – die Kontroversen darüber haben bis heute nicht aufgehört. Mit seiner hemmungslos parodistischen Darstellung von Politik, Gesellschaft und Kultur sollte «Mad» schon bald zum festen Bestandteil der amerikanischen Kultur und zum Bezugspunkt für Generationen von Lesern werden. Vor allem die Persiflagen von gerade aktuellen Kinofilmen und Fernsehserien der Populärkultur wurden zum zentralen Bestandteil. Der bekannte Comiczeichner Art Spiegelman («Maus») ist sich sicher, dass «Mad» die Sechzigerjahre so stark geprägt habe wie «Gras und LSD». «Mad» bot für eine ganze Armada von talentierten Textern und Zeichnern ein kreatives Tummelfeld. Bislang sind in den USA über 450 Ausgaben erschienen. Kultstatus erlangte auch die Sketchshow «Mad TV», die hier zu Lande wöchentlich spätnachts auf RTL zu sehen ist.

«Mad» wird deutsch

Dank dem Erfolg in Amerika gab es auch schon bald Ableger in anderen Ländern. Das Jahr 1967 schliesslich war der Startschuss für die deutsche «Mad»- Ausgabe, welche zu Beginn noch sehr stark an die Mutterversion angelehnt war. Dann wurde das Heft zunehmend «einverdeutscht». Daran hatte der bis heute für das Magazin arbeitende Zeichner Ivica Astalos einen wichtigen Anteil. Nach anfänglich 5000 verkauften Exemplaren konnte die Auflage rasch gesteigert werden und erreichte Anfang der Achtzigerjahre mit 330'000 Heften ihren absoluten Höhepunkt. Nachdem der langjährige Chefredakteur Herbert Feuerstein 1992 «Mad» aufgrund seiner Fernsehkarriere den Rücken kehrte, sackten die Verkaufszahlen in den Keller: Das deutsche «Mad» musste im Jahr 1995 nach der 300. Ausgabe eingestellt werden. Bereits 1999 schliesslich kam es zu einem überraschenden Relaunch.

 

Die Erneuerung hat sowohl inhaltlich als auch formal tief greifende Änderungen nach sich gezogen: So präsentiert sich das vormalig durchgängig schwarz-weiss gedruckte Heft nun vierfarbig und nicht mehr werbefrei. Ein Vergleich zu früheren Heften zeigt, dass die inhaltliche Eindeutschung nun noch weiter fortgeschritten ist: Parodien auf den Papst, Angela Merkel, Dieter Bohlen (das Feindbild schlechthin bei den «Mad»-Machern) und Tokio Hotel bestimmen das Magazinbild, was gerade die Leserschaft aus der Schweiz bisweilen doch etwas unbefriedigt zurücklässt.

 

Immer noch bissig

Auch wenn das neue «Mad» für Puristen ein rotes Tuch darstellen dürfte, macht es wenig Sinn, die beiden Versionen gegeneinander auszuspielen. Das Blatt hat sich vom subversiven Billigheftchen zum Hochglanzmagazin gewandelt, das es trotzdem nach wie vor bisweilen erstaunlich gut schafft, einen bissigen Kommentar innerhalb der Kultur über die Kultur abzugeben.

 

Dave Schläpfer, im Januar 2007

 

www.madmag.de oder www.mad-magazin.de

Mad Nr. 100 ist am Kiosk für Fr. 7.60 erhältlich

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Kommentare: 1
  • #1

    Bernd (Dienstag, 11 Oktober 2011 10:07)

    Recht guter Beitrag zum neuen deutschen MAD!!

    Bei den augelisteten Webseiten sollte www.madtrash.com nicht vergessen werden. Hier wird so ziemlich alles zur Schau gestellt, was es jemals auf der Welt zum Thema MAD Magazin und Alfred E.Neuman gab.

    Übrigens kaufe und tausche ich MAD Magazine Sammlerstücke aus der ganzen Welt. Kontaktiert mich bei Interesse einfach unter www.madtrash.com (da gibt es ein Kontaktformular).