DMZ

Krieg um das zerstörte Manhattan

Die einstmals berühmte Skyline besteht nur noch aus halb zerstörten Wolkenkratzern, und die Freiheitsstatue ist nur noch ein verschmierter Schatten ihrer selbst. Es herrscht Krieg in Amerika. Manhattan dient als demilitarisierte Pufferzone zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den Armeen der Freien Staaten, die sich von den ursprünglichen USA abgespaltet haben.

Überleben in purer Anarchie

Mit dieser düsteren Zukunftsvision des zweiten amerikanischen Bürgerkriegs beginnt die Comicserie «DMZ» (Panini, zirka 25 Franken je Band), die nach dem neuen Status Manhattans als demilitarisierte Zone benannt ist. Der junge Fotojournalist-Praktikant Matty Roth wird unverhofft mit der ersten Nachrichtencrew seit Jahren nach Manhattan geflogen. Doch sie kommen nicht weit. Ihr Helikopter wird abgeschossen, und Roth überlebt scheinbar als Einziger. Der naive Jüngling muss nun in dem Gebiet überleben, das in der Aussenwelt nur als Ort purer Anarchie dargestellt wird, wo Menschen sich aus Spass und ohne Konsequenzen umbringen und sich von Ratten und Tauben ernähren müssen. Doch trotz des prophezeiten Chaos findet Roth unerwartet viel Menschlichkeit; er beschliesst, als Berichterstatter in der «DMZ» zu bleiben und der Aussenwelt zu zeigen, wie es sich dort wirklich lebt.

 

Unlängst ist auf Deutsch der neunte Band der auf zwölf Ausgaben angelegten Serie des amerikanischen Autors Brian Wood und des italienischen Zeichners Riccardo Burchielli erschienen. Neben der komplexen Handlung ist auch der grafische Aspekt nicht zu unterschätzen: Matty Roths Abenteuer werden in düsteren, erdigen Farben dargestellt. Die Dynamik des Überlebenskampfes spiegelt sich in unregelmässigen Panels, die oft auch ineinander überlappen. Die expliziten Kriegsbilder und tragischen Wendungen machen die Serie ganz klar zur Erwachsenenlektüre. Beeindruckend sind ebenfalls die in Schwarz-Weiss-Rot gehaltenen Passagen, die auf den Hintergrund des Konflikts eingehen. Die Erzählstruktur sorgt ebenfalls für Abwechslung. Reportageartige Elemente unterbrechen regelmässig den Handlungsbogen um die charakterliche Entwicklung von Protagonist Roth, der sich vom unabhängigen Berichterstatter immer mehr zum politischen Aktivisten mausert.

Intelligentes Lehrstück

Für die meisten Leser in der westlichen Hemisphäre ist der Konflikt in einer der bekanntesten Städte der Welt wahrscheinlich von besonderer Intensität. Zwar ist es kein Geheimnis, dass in bewaffneten Konflikten täglich mit Propagandalügen gearbeitet wird und dass erschreckend inhumane Entscheidungen getroffen werden.

 

Doch anhand der konstruierten Vorlage bietet Autor Wood einen erstaunlich tiefen Einblick in die Mechanismen der Kriegsführung und das Schicksal von Zivilisten, die sich mittendrin befinden. So wird klar, dass hier zwar die Einwohner eines fiktiven New York leiden – dass aber die Situation in grösseren Städten, wo es in den letzten Jahren kriegerische Konflikte gab, nicht viel anders gewesen sei kann. «DMZ» erweist sich damit als intelligentes Lehrstück in Sachen Krieg sowie zur Rolle der Medien, das den Lesern zudem visuell einiges bietet.

Sasa Rasic, im August 2011

(zuerst erschienen in der «Neue Luzerner Zeitung»)

 

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